Ausstellungsbesuch in der Nicolai-Kirche:

(uh) Die Nicolaikirche im Nicolai-Viertel ist eine der ältesten Kirchen Berlins und hat eine turbulente Geschichte. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie zerbombt. Danach wurde sie rekonstruiert. Zahlreiche Fundstücke aus den früheren Zeiten, die man auf dem Territorium der Kirche fand, sind heute im Museum in unmittelbarer Umgebung der Orgel zu sehen. In den Seitenkapellen des Kirchenschiffs sind Gruften vermögender Berliner Bürger aus allen Zeiten zu sehen, in einem Seitenraum ein 1000 Jahre altes Altartuch der Zisterzienser, Gefäße für die Messe, Reliquarien. In einer Kommode finden sich Schubladen. Öffnet man diese, findet man Aussagen von Gläubigen anderer Religionen zum Leben und Zusammenleben der Menschen in der Welt.

Mark Dion, geboren 1961, stammt aus den USA. Er versteht sich als Künstler, der mit Sammlungen allgemein und mit Sammlungen von Museen arbeitet. In der Ausstellung Klima Global-Arte Amazonas baute er einen Forschertisch auf, mit verschiedenen Erden, Käfern, Schmetterlingen im Glas und dem Instrumentarium eines Biologen, der die Geheimnisse der amazonischen Flora und Fauna erforschen will. Im Naturkundemuseum baute er eine Arbeitssituation nach, in die beschriftete Kisten und Koffer, Zettelkonglomerate, Notizbücher einflossen und den Alltag eines Forschers nachempfanden.

Für seine Ausstellung Delirious Toys hat er die Spielzeugsammlung des Stadtmuseums Berlin durchforstet und eine historische Querschnitt-Ausstellung von Spielzeugen durch alle Berliner Zeiten hindurch aufgebaut:

Es standen Autos der unterschiedlichsten Epochen im Stau hintereinander auf einer Autobahn: Trabbis, Holzautos, Lastwagen, Busse und Kutschen. Dann gab es Sammlungen von Teddybären und weiteren Tieren, die in einer Pyramide angeordnet waren, Kriegsspielzeug und Puppen sowie Kartenspiele und Gesellschaftsspiele. Alles wurde in Vitrinen präsentiert und vermittelte auch einen Einblick in Spielzeuge aus den Zeiten vor der Wende 1989.

Ein Schrank, rot angemalt, den der Betrachter selbst öffnen konnte, wenn er wollte, war vorhanden. Mark Dion titulierte ihn Giftschrank. Sein Inhalt: rassistische Spiele wie Schwarzer Peter, schwarze Puppen sowie Spiele aus der Zeit des Nationalsozialismus: ein Schachbrett mit einem Hakenkreuz.

Als toxisches Spielzeug sieht der Künstler sämtliches Kriegsspielzeug und die Barbie-Puppen an. Ein zusätzliches Projekt in einer Nische, welches Mark Dion mit einer Berliner Schulklasse realisiert hat, bestätigt das:

Kriegsspielzeug ist toxisch, weil es Kinder mit einer Selbstverständlichkeit von Krieg vertraut macht und Barbie-Puppen sind toxisch, weil sie den Mädchen ein unnatürliches Schönheitsideal suggerieren, das oft nur mit krankhafter Magersucht realisiert werden kann.

Die Schülerinnen und Schüler der WK 23-2 besuchten die Ausstellung am 21. Dezember 2023 und waren sowohl von der Kirche mit ihren historischen Schätzen und der Geschichte, die in einer Diashow präsentiert wurde, begeistert.

Bei den Spielzeugen fanden sie Spiele, die auch in ihrer Kindheit vorhanden waren: Puppen, Teddybären, Mikado, Domino, Kartenspiele.

Diese Ausstellung war ein willkommener Ansatzpunkt, die Schülerinnen und Schüler zu fragen, womit sie in ihrer Kindheit gespielt haben. Schüler aus Syrien hatten Flitschen, Murmeln, Kreisel und spielten Domino, Schach und Backgammon. Die Schülerinnen hatten in der Regel mit Puppen und Teddybären, allerdings manche hatten auch mit Barbie-Puppen gespielt.

Interessant fanden alle den Ansatz des Künstlers Mark Dion, die Bedeutung von Spielzeugen zu hinterfragen. Warum spielen Mädchen mit Puppen? Warum spielen Jungen mit Autos, was kann daraus folgen? Warum spielen Jungen mit Kriegsspielzeug? Die Gewöhnung an bestimmte Objekte in der Kindheit kann dazu beitragen, dass Jungen das Auto als ein notwendiges Objekt betrachten und einen unreflektierten Wunsch nach einem Auto entwickeln. Da braucht es dann nachträglich schwere Erziehungsarbeit, um ökologisches Bewußtsein zu entwickeln. 

In der Caféteria der Humboldt-Universität tauschten die Schülerinnen und Schüler nach dem Ausstellungsbesuch ihre Eindrücke aus. Das universitäre Ambiente gefiel ihnen und manche äußerten den Wunsch, eines Tages an einer Universität studieren zu können. Inshallah!