Wer nicht kämpft, hat nie verloren

(uh) Am Freitag, 12.04.2024 war es soweit: Im Kino Central in Berlin Mitte fand die Abschlussveranstaltung des Berlinale Schulprojektes 2024 in der Zeit von 14 bis 17:30 Uhr statt.

In diesem Jahr waren das Heinz-Berggruen Gymnasium, die Leopold-Ullstein-Schule, das Carl-Bechstein-Gymnasium Erkner, das Carl-Friedrich-von-Siemens Gymnasium, das Georg-Friedrich-Händel Gymnasium, die Anna-Essinger-Gemeinschaftsschule und das Hermann-Scheer-Oberschulzentrum mit insgesamt 10 Filmbeiträgen aus K-Plus und 14-plus vertreten.

Martin Ganguly, Mitbegründer dieses vor 20 Jahren gegründeten Programms zur Förderung der Filmarbeit, das eine Kooperation mit der Generation-Sektion von den Internationalen Filmfestspielen Berlin und den Schulen ins Leben rief, moderierte die Veranstaltung und brachte alle jungen filmschaffenden Schülerinnen und Schüler auf die Bühne und ins Gespräch mit dem Publikum.

Von der Leopold-Ullstein-Schule sahen die Klassen WK-2, WK-5 und WK-4  den Film: Sieger sein von Soleen Yusef der in K-Plus auf der Berlinale lief. Aktuell läuft Sieger sein in den Kinos. Prädikat: Absolut sehenswert! Die für das Berlinale Schulprojekt 2024 zeichnenden Kolleginnen Meike van Hoorn und Ute Hermanns hatten den Film einstimmig für die Projektarbeit mit den Wiko-Klassen ausgewählt, denn er war meistens in Deutsch und reflektierte den Berliner Schulalltag.

Nach dem Berlinale-Besuch dazu befragt, ob sie über den Film arbeiten wollen, zeigten sich die Schülerinnen und Schüler der Klassen WK-2 und WK-5 bereit, unter Anleitung einen filmischen Kommentar zu diesem Festivalbeitrag zu drehen.

Geradezu beeindruckend war der Einsatz der filmbegeisterten Schülerinnen und Schüler  aus der Klasse WK-2 am Nachmittag im Kino Central: Von der Schule ging es direkt zum Hackeschen Markt, dort wurde schnell etwas gegessen und ab ging es ins Kino.

In Teamfähigkeit geschult, blieb die Gruppe vom ersten bis zum zehnten Filmbeitrag auf ihren Plätzen sitzen, denn wenn Schülerinnen und Schüler  anderer Schulen den Filmbeitrag der Lepopold-Ullstein-Schule anschauten, galt das Gesetz von Höflichkeit und Respekt, das darin bestand, auch deren Beiträge anzusehen.

Für die Schülerinnen und Schüler der WK 23-2 war das im Grunde eine besondere Herausforderung, denn sie besuchen erst seit Dezember 2023/Januar 2024 die Willkommensklasse und waren sehr aufgeregt, nach der Vorführung ihres Filmbeitrags auf die Bühne zu gehen und vor dem Publikum zu sprechen. Es hat jedoch hervorragend geklappt!

Der Film Sieger sein von Soleen Yusef erzählt die Geschichte der kurdischen Jugendlichen Mona, die aus Rojava in Syrien mit ihren Eltern und Geschwistern nach Berlin geflohen ist und in einer Regelklasse einer Brennpunktschule in Berlin-Wedding landet.  Die Mitschüler*innen mobben sie zunächst massiv, bis sich zeigt, dass Mona fantastisch Fußball spielen kann – sie hatte in Syrien in einer Mannschaft gespielt. Sie wird für die Schulmannschaft ausgewählt, die auf einem berlinweiten Mädchenfußballturnier mitspielen kann.

Als ihre Kinder schlechte Noten nach Hause bringen, begreift Monas Mutter sofort, dass in Deutschland jedes zugereiste Kind und jedes Elternteil die deutsche Sprache lernen müssen. Sie bricht im Kleinen, in der Familie, die traditionelle Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern auf. Ab sofort müssen ihre Jungen und Mädchen zu gleichen Anteilen im Haushalt helfen, da Jungen und Mädchen gleich viel Zeit brauchen, um die neue Sprache gut zu lernen.

Mona, die eine enge Beziehung zu ihrer Tante in Syrien, einer Widerstandskämpferin, hatte, vergegenwärtigt sich diese Beziehung in den besonders schweren Momenten, die sie in Deutschland erlebt: Die Tante hatte zu ihr gesagt, sie sei stark wie eine Löwin. Mona versucht, dem Bild zu entsprechen: Wenn sie traurig ist, zieht sie sich zurück und denkt nach. Sie zeigt Respekt vor den Lehrern, indem sie aufsteht, wenn sie an die Reihe kommt, weil sie das so gelernt hat. Sie weiß, warum sie in Deutschland ist, denn in einer Demokratie, so sagt sie, kann aus Fehlern gelernt werden, im Gegensatz zu einer Diktatur, die unangepasstes Verhalten strikt sanktioniert. Mona kämpft, wenn sie ihrer Klasse und ihrer Fußballmannschaft zu vermitteln versucht, dass mit Respekt und Teamarbeit Grenzen gesprengt werden können und ein Weiterkommen im Leben möglich wird. Ganz wichtig: Sie verfolgt konsequent ihre Leidenschaft und will unbedingt  Fussball spielen.

Die Figur Mona hat dieSchülerinnen und Schüler aller Wiko-Klassen beeindruckt. Sie sprach Kurdisch im Film, was viele unserer Lernenden stark berührt hat. Sie ging in eine recht ramponierte Schule, was von unseren Schülerinnen und Schüler mehrfach moniert wurde. Sie fragten sich: Wie kann ein Film über Deutschland überhaupt solch eine Schule zeigen?

Und die Themen Respekt und Teamarbeit hatten die Schülerinnen und Schüler ebenfalls beeindruckt. Ursprünglich war der Plan, ein Mannschaftsspiel von zwei Klassen gegeneinander zu machen und das zu filmen, doch dann machte der Ramadan einen Strich durch die Rechnung.

Dafür gab es zwei Workshops Go & Show im Team mit der Theaterregisseurin und Gehtrainerin Elke Schmid, die sehr sensibel auf die Prozesse von Gehen, Atmung, Haltung, Respekt im Team, Phonetik und Präsentation eingegangen ist. Am Ende des Workshops stand ein Mannschaftsritual von gegenseitiger Wertschätzung und Kampfgeist: alle standen im Kreis, umarmten und freuten sich, ihrer Klasse anzugehören und mit ihren Mitschülern im arbeiten zu können.

In einem Brief an die Hauptdarstellerin, der im Film in Voice Over vorgelesen wird und die Bilder überlagert und ihr Zustandekommen gewissermaßen als Klammer fasst, kommentierten sie, wodurch Mona sie beeindruckt hat und welche Assoziationen der Film bei ihnen ausgelöst hatte. Zu sehen sind Aufnahmen von der Leopold-Ullstein-Schule, die weit moderner ist - durch ihre Gebäude und ihre Lage - als Monas Schule und dokumentierten ihren täglichen Kampf, den sie mit Enthusiasmus und Zähigkeit verfolgen: Boden unter den Füßen gewinnen, Neues aufnehmen, neue Wörter und Strukturen der deutschen Sprache zu erlernen, die eigene Vergangenheit und Herkunft nicht zu vergessen und sich selbst präsentieren zu lernen.

Der Förderverein der Leopold-Ullstein-Schule hat dieses Projekt unterstützt, das den Schülerinnen und Schülern den Filmbesuch auf der 74. Internationalen Berlinale in den wunderbaren Kinos Zoo Palast und Cineplex Titania und die Workshops Go & Show im Team von Elke Schmid ermöglichte. Auch die Vormünder und Betreuerinnen der minderjährigen Schülerinnen und Schüler unterstützten deren Teilnahme in Bild und Ton im Filmprojekt, eine ganz wesentliche Bedingung für das Filmprojekt, das auf der Website von Vision Kino zu sehen sein wird. Großer Dank gilt allen Schülerinnen und Schülern, die sich mit ihren Film- und Fotobeiträgen, ihrer Teilnahme als Akteure, Sprecher und Darsteller eingebracht haben. Besonderes Lob geht an Orin James Forrester und Gavin James Forrester, die aus vielen Elementen einen Film hergestellt haben.

Wer nicht kämpft, hat nie verloren (Dauer: 10 Minuten) wird in Kürze auf der Website von Vision Kino platziert und dort abrufbar sein. Bis dahin können interessierte KuK sich gern melden, wenn sie den Film sehen möchten.